16 Millionen Jahre Steirisches Vulkanland
Das Steirische Becken liegt am Ostrand des Alpenbogens und bildet eine Randbucht des Pannonischen Beckens. Die westliche und nördliche Beckenumrahmung (Koralpe, Grazer Bergland, Fischbacher Alpen, Wechsel) besteht vorwiegend aus Kristallingesteinen und paläozoischen Karbonatgesteinen. Eine Gliederung des Steirischen Beckens erfolgt durch die in N-S Richtung verlaufende Mittelsteirische Schwelle, die oberflächlich durch die Erhebungen des Plabutsch und Sausal erkennbar ist. Im Übergang zum Westungarischen Raum verläuft in annähernd N-S Erstreckung die Südburgenländische Schwelle. Die Beckenbildung und die damit in Zusammenhang stehende gleichzeitige Verfüllung begannen vor ca. 18 Millionen Jahren. Bis zu 4000 m mächtige Ablagerungen von Kalksteinen, Kiesen, Sanden und Tonen mit einzelnen Kohlelagen dokumentieren eine Veränderung der Landschaft in – geologisch gesehen – kurzen Zeiträumen. Ein Charakteristikum des Steirischen Beckens stellt die ehemalige starke vulkanische Aktivität dar. Dieser Vulkanismus, der Teil eines Vulkanbogens ist, der von Slowenien bis in den Karpatenbogen reicht, wird zwei zeitlich, chemisch und genetisch verschiedenen Perioden zugeordnet und auf Dehnungstektonik im Untergrund zurückgeführt. Im Steirischen Vulkanland sind Gesteinsablagerungen der letzten 16 Millionen Jahre zugänglich (Abb. 1). Vertiefende Bearbeitungen zur geologischen Entwicklung des Oststeirischen Beckens und weiterführende Literatur findet man in den Arbeiten von Ebner & Sachsenhofer (1991), Flügel & Heritsch (1968), Gross et al. (2007), Kollmann (1965), Winkler –Hermaden (1957).
Ein Meer überflutet das Steirische Becken (Abb. 2)
Vor ca. 18 Mio. Jahren ist die Absenkung des Steirischen Beckens bereits eingeleitet. Limnisch fluviatile Ablagerungen bedecken weite Teile der Weststeiermark, an die auch die bedeutenden Kohlevorkommen dieser Region (z.B. Eibiswald, Köflach – Voitsberg) gebunden sind. Aus dem Südosten dringt das Meer in einzelne Teilbecken (Gnaser- und Fürstenfelder Becken) vor. Der in diesem Zeitabschnitt aufflammende Vulkanismus ist an N-S orientierte Störungssysteme gebunden und sorgt für eine Akzentuierung des Reliefs. Ein riesiges Vulkanmassiv mit ca. 30 km Basisdurchmesser und dem Zentrum um Bad Gleichenberg ragt teilweise aus dem Meer. Ausgeworfene feine Aschepartikel werden in hohen Luftschichten weit vertragen und kommen so auch in den inneralpinen Talungen (Mur- und Mürztal) und im Randbereich des Steirischen Beckens zur Ablagerung. Vergleichen könnte man unseren „Gleichenberger Vulkan“ mit dem heute aktivsten und größten Vulkan Europas, dem Ätna. Vor rund 16 Millionen Jahren erreicht das Meer seine maximale Ausdehnung und die Spitzen der aktiven Vulkane ragen als Inselvulkane aus dem Meer. Deren Flanken werden aber bereits von Meeresablagerungen zugeschüttet. Sowohl im Bereich der Mittelsteirischen und Südburgenländischen Schwelle als auch um die Inselvulkane kommt es zur Bildung von Saumriffen mit einer enormen Vielfalt an Organismen.
Das Steirische Becken verlandet (Abb. 3)
Ablagerungen aus der Region um Straden und St. Anna am Aigen mit einem Alter von ca. 13 Mio. Jahren belegen küstennahe Entwicklungen in einem seichten Meer. Die Kalksandsteine bestehen aus kleinen Kalkkügelchen, die eine Vielzahl an Muscheln und Schnecken beinhalten. Regional kommt es zur Ausbildung von Sumpflandschaften mit üppiger Vegetation. Zyklische Wechsel von See-, Fluss- und Deltaablagerungen werden mit klimatischen, astronomisch gesteuerten Schwankungen in Verbindung gebracht. Diese Ablagerungen bilden den Großteil der im Steirischen Vulkanland zugänglichen Gesteine.
Sie bestehen aus einer tonig sandigen Wechselfolge, in die Schotter mit weiter horizontaler Verbreitung eingelagert sind. Aus der NW-Umrahmung des Steirischen Beckens werden durch ein breit mäandrierendes Flusssystem Sedimente nach Südosten transportiert. In den versumpften Au- und Schwemmlandbereichen mit Waldbewuchs lebt eine reiche Wirbeltierfauna (z.B. Urelefanten).
Es wird noch einmal „feurig“ und eiskalt (Abb. 4)
Einige Millionen Jahre sind heute im steirischen Raum geologisch nicht mehr dokumentiert – wir sprechen von einer Schichtlücke. Wahrscheinlich setzt vor ca. 5 Mio. Jahren eine bis heute andauernde Hebungsphase ein und im Steirischen Becken beginnt die Abtragung der zuvor abgelagerten Gesteinsmassen. Erst im zeitlichen Grenzbereich vom Pliozän zum Pleistozän, als gewaltige Vulkanausbrüche stattfinden, wird wieder „Erdgeschichte geschrieben“ – es werden also wieder Gesteine abgelagert, die uns bis heute erhalten sind. Explosive Vulkanausbrüche mit enormer Sprengkraft bilden trichterförmige Krater in der Landoberfläche und schleudern riesige Massen von vulkanischer Asche in die Luft. Lokal kommt es auch zum Austreten von Magma, das als Lavastrom (Stradnerkogel) ausfließt und/oder bei gasreichen Explosionen als Schlackenfetzen durch die Luft fliegt (z.B. Königsberg-Klöcher Vulkanmassiv, Steinberg bei Feldbach). Das Steirische Vulkanland durchlebt eine dynamische Zeit und wird gänzlich umgestaltet. Es entstehen an mehreren Stellen Maar-Diatrem-Vulkane (z.B. Riegersburg, Fehring, Kapfenstein, Gnas). Diese Vulkane bilden keine typischen Kegelformen an der Landoberfläche, sondern sind in die Erdoberfläche trichterförmig eingesenkt und haben eine explosive Bildungsgeschichte. Beim Kontakt von heißem Magma mit Grundwasser kommt es zu gewaltigen Explosionen und ein Gemisch aus Magma- und Nebengesteinsfragmenten sowie Dampf wird explosiv ausgeworfen.
Durch Erosion der lockeren umgebenden Sedimente (Sand, Kies, Ton) werden die ehemals in die Landoberfläche eingesenkten Vulkanschlote fortlaufend freigelegt. Die verfestigten vulkanischen Auswurfprodukte, bezeichnet als vulkanischer Tuff, sind härter als die umgebenden Lockersedimente und daher auch verwitterungsbeständiger. Dies erklärt, warum die vulkanisch gebildeten Gesteine markante Erhebungen im Steirischen Vulkanland bilden. Die Kraft der Erosion kann man speziell nach starken Regenfällen beobachten. Neben der Abtragung des Bodens sind es auch Rutschungen die zu Veränderungen führen und das Landschaftsbild prägen.
Autor: Ingomar Fritz