Theatergruppe Jagerberg
Beschreibung
50 JAHRE THEATERGRUPPE
Jagerberg hat auch eine Theatergeschichte. Das Bestehen einer Spielgruppe in einem so verhältnismäßig kleinen Ort durch 50 Jahre verleiht der jüngeren Jagerberger Ortsgeschichte einen besonderen kulturellen Akzent. Theaterspielen. war zur Gründungszeit, wo es noch wenig Möglichkeiten der Unterhaltung gab, im Dorf ein großes Ereignis. Das bestätigt auch Martin Sudy, selbst lange Jahre Mitarbeiter der Theatergruppe, in seinen Erinnerungen. Ist für das Theaterspielen auf dem Lande aber noch genügend Platz in einer Zeit, wo das Fernsehen sogar die Kinos verdrängt? Gemeindesekretär Hans Konrad, der sich seit Jahren um die Aktivität der Gruppe bemüht, sagt dazu: „Ob sich unsere Theatergruppe über die 50 Jahre des Bestehens hinaus erhalten kann, ist fraglich, da es immer schwieriger wird, Spieler zu bekommen. Wohl ist die Gruppe derzeit dabei, eine neue Bühne zu bauen, um dadurch auch die notwendige Voraussetzung für das Theaterspielen in der Zukunft zu schaffen, doch ist auch die Raumfrage eine finanzielle Belastung. Leider fand der seinerzeitige Vorschlag nach Errichtung eines Pfarrheimes nicht die nötige Zustimmung." Dabei ist festzustellen, dass bei zunehmender Verbreitung audiovisueller Massenmedien das Interesse für die direkte Unterhaltung, wie sie auf der Bühne geboten wird, wächst. Auf dem Land ist ein entsprechender Sättigungsgrad freilich noch nicht überall erreicht, doch wird auch nach und nach im Empfinden der Wunsch wach werden, in der unersetzlichen Dorftheateratmosphäre in einen unmittelbaren Kontakt mit dem Dargestellten und mit den Darstellern zu treten. Freilich darf man, wird das ländliche Laienspiel neu belebt, nicht in eine Unart der Vergangenheit verfallen — das sei hier nur ganz allgemein festgestellt, nämlich in die, ländliche Originale (die leider ja auch immer seltener werden) extrem werden zu lassen und die Rollen darüber hinaus auch noch tollpatschig und tölpelhaft zu verkörpern. Mit der neuen Belebung des ländlichen Theaters wird freilich auch ein neues Angebot an guten Volksstücken und Laienspielen erforderlich sein! Was den Umstand betrifft, dass heute nur noch schwer neue Spieler zu gewinnen sind, so scheint das typisch zu sein für unsere Zeit, die in allen Bereichen zur Passivität geführt hat. Doch nun zurück zur „Jagerberger Theatergeschichte", über die uns Martin Sudy allerlei zu erzählen weiß. Es begann damit, dass am 1. September 1922 ein junger Kaplan nach Jagerberg kam. Er hieß Karl Schirgy und war voll Eifer für die Jugendarbeit. Um dafür auch ein Geld zu haben, kam er auf den Gedanken, solches durch Theaterspielen herein-zubringen. Er rief die Burschen ins Schulhaus zusammen (Vereinslokal gab es keines), der Lehrer Hans Rohrer hielt einen einschlägigen Vortrag. Ganz Jagerberg verfolgte mit Interesse und Spannung das Werden der ersten Theatergruppe. Ihr gehörten an: Josef und Richard Krenn, Andreas und Johann Pock, Peter Baumann, Ferdinand Paunzer, Franz Jauck, Anton Kaufmann und Ludwig Grübler; von ihnen leben heute noch vier. Die Bühne wurde von Peter Baumann, der Tischler war, gebaut. Die Kulissen bestanden aus Holzrahmen, die mit Packpapier bespannt waren und dann vom Maler und Anstreicher Anton Moder kunstvoll bemalt wurden. Als Vorhang diente eine alte Fahne. Bei all der bescheidenen Ausrüstung soll dann bei der ersten Aufführung ein „Ah" des Staunens durch die Reihen der Zuschauer gegangen sein. Für den größten Teil des Publikums war es das erste Theater, das es im Leben gesehen hatte. Gespielt wurde als Hauptstück „Versprechen hinterm Herd" und zwei Einakter. Abgesehen vom Lampenfieber und davon, dass die Burschen auch weibliche Rollen zu spielen hatten, war das Theaterspielen auch für sie ein großes Erlebnis. Die erste Vorstellung, die in einem Klassenzimmer stattfand, endete damit, dass es durch ein Feuer zu einer so starken Rauchentwicklung kam, dass das Publikum ins Freie flüchtete. Nichtsdestoweniger ließ sich dann die Theatergruppe nach der „Premiere" eine kleine Jause gut schmecken, die die Paul-Mutter gerichtet hatte. Diese erste Aufführung war lange Zeit hindurch das Tagesgespräch von Jagerberg und Umgebung. Nach dem Abschied von Kaplan Schirgy kam es zu einer Pause im Jagerberger „Theaterleben". Unter Kaplan Thier versuchte man es zu Weihnachten 1928 wieder mit dem Stück „Zwei Wege zum Elterngrab". Es war ein neues Ereignis für Jagerberg. Die Aufführung fand am Heiligen Abend statt. Obwohl man inzwischen in einen Saal übersiedeln konnte, war nicht genug Platz für den Publikumsandrang. Dafür kam es im folgenden Jahr zu Rückschlägen für die Gruppe, so dass ihr weiteres Wirken bedroht erschien. Der katholische Mädchenverein wurde aktiviert, der Muttertag fasste Anfang der dreißiger Jahre auch hier Fuß, das erhielt das Theaterspielen ein wenig am Leben. Die große Wende kam mit Kaplan Karl Kiegerl, der unser Theater wieder zu neuer Blüte führte. Mit den Spielern des Burschen- und des Mädchenvereines wurde eine Gruppe gebildet, die sich buchstäblich sehen lassen konnte. Im Fasching 1933 wurde der heitere Einakter „Der Tabakschnupfer in der Mausefalle" gespielt und als Hauptstück „Die Brautschau", dem ein Bombenerfolg beschieden war. Bei einer weiteren Aufführung in diesem Jahr konnte man sich’s sogar leisten, auf das Erträgnis zu verzichten und es zur Subventionierung des Besuches des Katholikentages in Wien aufzuwenden. Dann kam es wieder einmal zu einem „glänzenden" Misserfolg („Die Junggesellensteuer"), obwohl die Spieler Meisterhaftes leisteten. Schuld daran war die unzulängliche alte Bühne. Der Reingewinn des nächsten Stückes floss daher dem Bühnenfonds zu, und zu Weihnachten 1934 spielte man bereits auf einer neuen Bühne. Mit einer Aufführung im darauffolgenden Jahr finanzierte man die Restaurierung des Kriegerdenkmals. Wenngleich das Volksstück „Heim g’funden" (1935) bisher stärksten Anklang fand, so wurde doch Morres Stück „’s Nullerl" gewünscht, das heißt, man erwartete damit noch eine weitere Steigerung in der Darbietung. Nach langen Vorbereitungen war es soweit. Es gab fünf Aufführungen und das Publikum war jedesmal begeistert. Das war 1936. Der Erfolg wurde in den folgenden Jahren fortgesetzt mit „Seine Majestät der Dickschädl" und „Herz am rechten Fleck". Dann kam das jähe Ende: 1938 wurde das Theaterspielen verboten. 1946 wurde ein neuer Anfang gesetzt. Initiator war Jakob Krautwaschl. Alte Spieler spielten im Verein mit Neulingen zum Start ein lustiges Stück. Erfreulich war, dass sich auch Lehrkräfte bereitfanden, mitzumachen. (Oberschulrat Leitner fand es z. B. trotz seines Alters nicht zu mühsam, in der Nacht von Glojach nach Jagerberg zu den Proben zu gehen.) 1947 stand das Volksstück „Der Wirt zum Goldenen Engel" auf dem Programm und im folgenden Jahr gelang mit „Herz am rechten Fleck" wieder ein ganz großer Wurf. 1952 rüstete man zu einem kleinen Jubiläum: die Jagerberger Bühne bestand nun 30 Jahre. Als Jubiläumsstück wählte man „s’Nullerl" aus, mit dem man schon vor 17 Jahren erfolgreich war. Das Stück erlebte sieben Aufführungen! Zu einer Aufführung wurden sämtliche Personen geladen, die in den drei Jahrzehnten in der Theatergruppe mitgewirkt hatten. Es wurde eine herzliche und gemütliche Feier, die — so schrieb der Chronist — „bis 2 Uhr früh dauerte". 1956 wurde noch einmal gefeiert: der Abgang von Oberschulrat Leitner von der Bühne; inoffiziell feierten mehrere Darsteller ihren Abschied mit. Es war eine schöne, reiche Zeit für die, die dabei waren, und sie haben den Menschen viel gegeben. In diesem Zusammenhang verdienen auch die Namen Hanna und Luise Hanti genannt zu werden, die der Theatergruppe immer große Förderung zuteil werden ließen. Dass sich diese Theatergruppe auch an Anzengrubers Stück „Der G’wissenswurm" herangewagt hatte (1946), soll hier gesondert erwähnt werden, denn damit hat die Gruppe auch Mut zum Problemstück bewiesen. Leider hat ihr das Stück durch das Unverständnis einzelner nur Kritik eingebracht. Die Erfahrung, dass nur lustige Volksstücke „ankommen", musste auch die neue „Theatergeneration", von der nachfolgend die Rede ist, machen. Geänderte Verhältnisse im Dorf stellten auch an die Theatergruppe neue Anforderungen. Da die alte Gruppe nicht mehr alljährlich spielte, fand sich die Jugend im Jahre 1950 auf Initiative von Hans Paul zusammen, und bald war eine neue Gruppe auf die Beine gestellt. Man stellte sich mit dem Stück „Das Goldfischl" der theaterinteressierten Öffentlichkeit vor. Durch den verhältnismäßig guten Anfangserfolg angespornt, bildete sich eine stärkere Gruppe, die es sich zur Aufgabe machte, das Laienspiel zu pflegen. Bis 1960 wurde jährlich zweimal gespielt. Aber man musste erkennen, dass der Erfolg bei Lustspielen immer größer war, als bei ernsten Stücken. Einerseits wollen sich die Leute im Theatersaal entspannen, andererseits ist es für eine Laienspielgruppe viel schwieriger, ein ernstes Stück eindrucksvoll zu spielen. An ein anderes Problem erinnert Hans Konrad: „Die Abwanderung vom Land in die Stadt und in die Industriegebiete hat sich auch für die Theatergruppe nachteilig ausgewirkt. War es früher so, dass eine Gruppe viele Jahre ohne Veränderungen spielen konnte, so mussten jetzt durch die Abwanderung, vor allem im letzten Jahrzehnt, immer wieder neue Spieler gesucht werden, die dann nach ein- oder zweimaliger Mitwirkung wieder verzogen. Es ist bisher aber immer noch gelungen, neue Spieler zu gewinnen. Glücklicherweise ist auch noch ein guter Kern vorhanden, dem es immer wieder gelingt, neue Mitwirkende mitzureißen. So erscheint es überhaupt bemerkenswert, dass sich in dieser Zeit der Massenmedien eine Laienspielgruppe noch halten kann. Ist damit doch das Angebot, die Vergleichsmöglichkeit und damit auch die Kritik viel größer als früher." Man muss es daher zu schätzen wissen, dass die Aufführungen stets gut besucht waren. Einen Besucherrekord hatten die Stücke „Seine Majestät der Dickschädl" und „Jägerblut" in den Jahren 1968 und 1969, wobei man jeweils rund tausend Besucher zählte. Man ging auch mehrmals auf „Tournee". Die Jagerberger Theatergruppe gastierte mit Erfolg in Bierbaum, St. Stefan i. R., Wolfsberg i. Sch., St. Nikolai o. Dr. und in Gnas. Anlässlich des Bezirkstreffens des Bundes Steirischer Landjugend spielte man sogar einmal in Feldbach. „Es ist auch bemerkenswert", stellt Konrad fest, „dass, wenn ich heute Spieler von früher treffe, sich diese sehr gerne an die Spielzeit zurückerinnern und sie als sehr schön und unvergesslich bezeichnen." Tat-sächlich war auch die Zusammenarbeit in der Gruppe immer sehr gut. Kleine Ungereimtheiten gibt es aber überall. Der Reinertrag der Aufführungen wurde bis vor ein paar Jahren der Kirche zur Verfügung gestellt. In den letzten Jahren wurde damit die Jugendarbeit gefördert, da die Spieler größtenteils auch aus den Reihen der Jugend kamen. Daraus ist auch ersichtlich, dass die Theatergruppe ohne fremde Unterstützung ihr Auslangen fand. Die jüngste Vergangenheit von Jagerberg wäre um vieles ärmer, hätte es diese Theatergruppe nicht gegeben. Die Zukunft soll nicht ärmer als die Vergangenheit seinl Denn eigene Aktivität hebt mehr das Kulturbewusstsein als all das, was man über den Äther von fernher ins Haus importiert. Quelle: Festschrift 800 Jahre Jagerberg (1972)
Die Theatergruppe Jagerberg spielt seit 1922 beinahe durchlaufend. Die Schauspieler gingen meist aus der Landjugend hervor.
Die Theatergruppe Jagerberg ist seit ca. 25 Jahren eine eigenständige Gruppe.
Die Motivation der Theatergruppe Jagerberg:
– Das Schlüpfen in Rollen von anderen Charakteren
– Die Begeisterung des Publikums spüren
– Menschen kulturell zu bereichern
– Die persönliche Weiterentwicklung